Montag, 11. Mai 2009

GEDANKEN ZU GENERATIVEM CORPORATE DESIGN

Variable Erscheinungsbilder können auf unterschiedliche Weise zustande kommen und gestaltet werden. Neben der Vorgabe von bestimmten Formen und Farben, bzw. die Festlegung auf ein bestimmtes Zeichen- und Gestaltungsrepertoire, findet die methode der (computergestützten) Generativen Gestaltung Anwendung.

Programme unterstützen den Gestalter in seiner Arbeit hier maßgeblich. »Programme« oder »Visuelle Programme« meint hier jedoch nicht zwangsläufig Computerprogramme. Schon 1980 schreibt Herbert Kapitzki in seinem Buch »Programmiertes Gestalten«, dass »[...] dort, wo Entwicklungs- und Herstellungsprozesse zu einem Endzustand geführt werden sollen und mehrere Elemente und Anordnungsmöglichkeiten vorhanden sind, kann von ›Programmen‹ gesprochen werden.«

Bei Generativer Gestaltung wird der Computer als Rechen- und Operationswerkzeug jedoch häufig gezielt eingesetzt. Oftmals ermöglicht seine Verwendung Visualisierungsmethoden, die ohne seine Verwendung nicht, oder nur sehr schwer möglich wären.

Die Festlegung im Rahmen eines Corporate Design-Prozesses auf bestimmte Variablen geht hier, neben den visuellen Möglichkeiten, auf die programmiertechnischen Elemente ein. Der Gestalter gestaltet für den Rechner ein »Rezept« aus konstanten und variablen Bestandteilen, die dieser dann eigenständig zusammenfügt und ausgibt. Bei diesen Rezepten spricht man auch von »Algorithmen«.

Ein Algorithmus ist per Definition »[...]eine genau definierte Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer bestimmten Art von Problemen in endlich vielen Schritten.«

Ein Corporate Design mit generativen Elementen ist natürlich nicht zwangsläufig rein dem Computer als Gestaltungsinstrument unterworfen.


Vielmehr dient er als Ergänzung in einem sensibel komponierten Kanon aus gestalterischen Maßnahmen und Variablen. Je nach Konzept kann sein Einsatz stark variieren. Generative Gestaltung kann das Coporate Design komplett beherrschen, oder ein kleiner und interessanter Aspekt der gesamten Erscheinung sein. Hier ist nach wie vor der (analoge) Gestalter als regelnde Instanz gefragt, der die richtigen Rahmen für den Einsatz des Computers und der verwendeten Algorithmen und Methoden setzt.

Der Computer stellt eine sinnvolle und hilfreiche Ergänzung im Gestaltungsprozess dar. Ersetzen kann er den denkenden Gestalter nicht. Der Gestalter braucht den Computer wie der Computer den Gestalter.


In den letzten Jahren haben sich immer mehr Methoden der Generativen Gestaltung in der Kommunikationsgestaltung etablieren können. Wie bereits beschrieben entdecken (Kommunikations-) Designer die Programmierung als zusätzliches Tool in ihrem Gestaltungsrpertoire, zur Sichtbarmachung visuell zu gestaltender Inhalte. Die Entwicklung von relativ niederkomplexen und einfach zu beherrschenden Programmierumgebungen und -sprachen wie etwa »Processing« erlauben es mittlerweile auch weniger programmiererfahrenen Gestaltern, die Möglichkeiten dieser Techniken zu nutzen.

Dieser Trend steht auch für ein neues Paradigma, wie Gestaltung begriffen und praktiziert wird. Anstatt eine endgültig definierten visuellen Form, definiert der Designer einen »Raum an Möglichkeiten«, durch den eine grosse Zahl an möglicher Formen generiert werden kann. In diesem Gestaltungsansatz ist der Algorithmus und das System, in den er eingebettet ist, das letzendlich gestaltete Objekt.

Generatives Design ermöglicht es, neue Strategien und Herangehensweisen für Corporte Identity zu entwickeln. Anstatt eine fest vorgeschriebene Anzahl an Logos, Schriftarten und Raster zu definieren, können theoretisch unbegrenzt Formen und Visualisierungen generiert werden.

Idee ist hierbei, dass die entstanden Inhalte auf gleichen Grundprinzipien und Regeln basieren, sie jedoch immer als zusammengehörig empfunden und einem Absender explizit zugeordnet werden können. »Generatives Design ermöglicht Konsequenz in der Gestaltung ohne Wiederholung.«


Ein »klassischer« Gestaltungsprozess besteht aus Recherche, Analyse, Konzeption, Entwurf, Variantenbildung und Umsetzung. Bei generativem Design verschieben sich diese Teilprozesse. Konzeption und Entwurf werden wichtiger und zugleich abstrakter; die Umsetzung geschieht u.U. in Echtzeit. Die Variantenbildung erfolgt innerhalb der vorgegebenen Systeme und Algorithmen durch Veränderung der visuellen und auch inhaltlichen Parameter.

»Da ist es nur logisch, dass diese Verschiebung den Gesamtprozess wesentlich beeinflusst und sowohl neue Möglichkeiten, als auch neue Beschränkungen mit sich bringt.«

Je nach Algorithmus und Parameter ändern sich die generierten Visualisierungen unterschiedlich stark. Varianten können innerhalb von Systemen bestehen, die durch Veränderung einzelner Parameter im selben Algorithmus erzeugt werden. Oder es werden ganze Algorithmen und ihr Zusammenspiel variiert. Natürlich hängt dies auch von den Zielen des Corporate Designs und Gewichtung der Anteile der generativen Elemente innerhalb dessen ab.

Es unterscheiden sich ebenfalls die Verfahrensweisen, mittels derer die erzeugten Inhalte weiterverwendet und umgesetzt werden. Manche Systeme funktionieren, einmal aktiviert, völlig ohne Einwirkung eines Nutzers oder Designers. Die entstandenen Elemente werden ohne Kontrolle oder Kommentar direkt weiterverarbeitet. Eine andere und speziell auch für den Designer oftmals wichtige Vorgehensweise ist, die entstanden Varianten zu sammeln, zu kategorisieren, sortieren und ggf. so lange auszusortieren, bis das gewünschtes Ergebnis erreicht ist.


Vorteile der Generativen Gestaltung, bzw. des generativen Corporate Designs ist neben seiner Variabilität und Flexibilität, auch Aktualität und Aktualisierbarkeit. Generatives Corporate Design, welches zum Beispiel auf Echtzeit-Visualisierungen im Internet beruht, wandelt sich ständig und gibt stets über einen bestimmten Umstand Aufschluss. Es können außerdem so leicht Parameter und andere, sich ständig wechselnde und aktualisierende Daten in das Corporate Design integriert und mit ihnen gearbeitet werden.

Die Technik erlaubt hier einen Zugriff und die Verarbeitung unterschiedlichster Daten. Über Programmierschnittstellen, sog. »APIs« (Application Programming Interface) und Datenbanken, können Inhalte schnell und kostengünstig in (Corporate)Design-Prozesse integriert werden.

Nicht zu unterschätzen sind natürlich auch die Nutzer und die Rezipienten eines solchen Designs. Ein Corporate Design kann über generative Elemente auf einen Nutzer reagieren, ihn unterstützen oder individuell repräsentieren, was neben gesteigertem Informationsgehalt auch eine erhöhte Identifikation der Rezipienten, bzw. Nutzer mit sich bringt. Das Erscheinungsbild kann dadurch, neben seiner identitätsstiftenden Funktion auch weitere Aufgaben, wie etwa das Visualisieren bestimmter Datensätze oder Zustände, übernehmen.

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